Donnerstag, 13. August 2020

Einen Käufer finden, der dümmer ist

Orbán hat während der „Notlage“ zwischen dem 11. März und dem 17. Juni 16.000 Beatmungsgeräte für die Behandlung der Covid-19-Patienten für einen Gesamtpreis von über 900 Millionen Euro in China bestellt. Somit kostete ein Gerät 56.647 Euro. Selbst auf dem Höhepunkt des Infektionsgeschehens waren in Ungarn keine 100 Covid-19-Patienten gleichzeitig auf Beatmungsgeräte angewiesen. Auf Nachfrage von Presse und Opposition gibt es von Regierungsseite nur die Antworten: „Lüge“ und „So halt“ und „…an Südafrika und Brasilien weiterverkaufen“.

Dräger belieferte die Bundesrepublik
für 20.000 €/Stück

Sonderlich dubios ist das für ungarische Verhältnisse nicht, denn in Ungarn gibt es jede Woche einen ähnlichen Fall. Auf das kaum Fassbare wird immer noch einer draufgesetzt.

Bohren wir aber hier mal ein wenig tiefer. Schon beim – kläglichen – Rechtfertigungsversuch, die Geräte könne man ja weiterverkaufen, sollte man stutzig werden. Beatmungsgeräte sind ja kein Spekulationsobjekt wie Öl oder Gold. Ein Weiterverkauf sollte vermutlich selbst im Ungarn des Jahres 2020 unter ökonomischen Gesichtspunkten durchgeführt werden, also Gewinn erbringen.
In diesem Fall steht Orban demnach vor einer Herkulesaufgabe: Einen Käufer zu finden, der noch dümmer ist als er selbst. Die Erklärung mit dem Weiterverkaufen ist, wie so vieles in der ungarischen Regierungskommunikation, eine Nebelkerze.

Der Deal beginnt besonders stark zu stinken, wenn man die angegebenen Zahlen ins Verhältnis zu Zahlen aus anderen Ländern setzt.

Ungarn hat ca. 160 Krankenhäuser, davon war jedes mit Intensivstation auch schon zuvor mit derartigen Geräten ausgestattet. Die im Artikel genannten Covid-Patienten, weniger als 100 gleichzeitig, sind also vermutlich mit Geräten aus dem Bestand versorgt worden.

Deutschland hat ca. 1900 Krankenhäuser, es gab dort 20.000 Beatmungsgeräte, der Bestand wurde von der Bundesregierung um 10.000 Geräte aufgestockt, Lieferant Dräger, Kosten ca. 200 Mio €, macht ca. 20.000 € pro Stück, Listenpreis.

In Slowenien scheint ähnliches wie in Ungarn abgelaufen zu sein, hier steckt die Regierung allerdings schon bei einem Stückpreis von ca. 30.000 € in einer gar nicht kleinen Krise. In Ungarn sprechen wir von ca. 56.000 €, gesamt gut 900 Mio €, dagegen mal 200 Mio € , welche in Deutschland zu diesem Zweck investiert wurden.

Die kriminelle Energie, die in Ungarn freigesetzt wird, sobald sich ein Honigtopf in Reichweite befindet, ist extrem hoch. Man sollte hier also sehr vehement nachfragen. Doch wer wird das tun?

Es gilt zu fragen, …

  • ob jemand, der vertrauenswürdig ist, diese 16.000 Geräte überhaupt mit eigenen Augen gesehen hat?
  • Aus welchem Fonds diese 900 Mio € denn bezahlt wurden?

Sollte aus dem Corona-Hilfsfonds der EU bezahlt worden sein (wir erinnern uns: Orbán kommunizierte in Ungarn, dass die EU Ungarn bei Corona nicht helfe, sondern nur die Chinesen), ist das keine rein ungarische Posse mehr.

Denn China liefert, wenn die Marie stimmt, wie wohl viele anderen Länder auch, alles. Auch in Styropor verpackte Ziegelsteine, mit passendem Gewicht, in einem Karton mit der Aufschrift: „Vorsicht, medizinische Ausrüstung, bitte nicht stürzen, trocken lagern, öffnen nur durch Befugte“.

Und der Rest wandert in Orbáns und Mészaros' Taschen.

AB

(Quelle : https://www.welt.de/wirtschaft/article206603525/Beatmungsgeraete-Draeger-soll-10-000-Stueck-in-kuerzester-Zeit-bauen.html )

Gastkommentar von Zoltán Kovács in „Die Presse“ vom 3.8.2020. https://www.diepresse.com/5848034/viktor-orban-im-panikmodus?fbclid=IwAR1-4nH3SqBM5vjqShCGyVAoAjqCdU5ydJxVSNBe3gt0YUdjtYWSaSdri0o

Dienstag, 9. Juni 2020

Und wieder der gleiche, alte Tango...

Viktor Orbán kann es einfach nicht lassen. Er produziert wiederum Altpapier, denn die Nationale Konsultation über das Virus wie er sein vierfarbig gedrucktes Selbstgespräch nennt, wird von den meisten seiner Landsleute ohnehin gleich in den Müll geworfen. Einige machen sich die Mühe und schicken die Zettel mit draufgemalten Penissen, oder nachdem sie sich damit den Hintern abgewischt haben, zurück. Auch ist es ein offenes Geheimnis, dass schon Mitglieder örtlicher Fidesz-Organisationen zum gemeinsamen Ausfüllen möglichst vieler Fragebögen anderer Konsultationen abkommandiert wurden.

Aber lassen wie die Nationale Konsultation für sich selbst sprechen.
Dein Land [steht so im Vater Unser.
Also eigentlich: Dein Reich komme].
Deine Stimme.

Nationale Konsultation über das Virus
und den Neustart der Wirtschaft 

 
In der ersten Hälfte des Jahres 2020 stellte die Coronavirus-Epidemie Länder rund um den Globus vor eine nie dagewesene Herausforderung. Wir, die Ungarn, haben unsere Kräfte gebündelt, rechtzeitig Entscheidungen getroffen und es geschafft, die Epidemie zu stoppen. Ärzte und Epidemiologen mahnen jedoch, die Aufmerksamkeit nicht schwinden zu lassen, da eine zweite Welle der Coronavirus-Epidemie in Ungarn auftreten könnte. Die Experten sind sich einig, dass die wirksamsten Maßnahmen gegen die Epidemie jenen sind, die von breiter gesellschaftlicher Unterstützung getragen werden. Deshalb ist Ihre Meinung uns besonders wichtig.

1. Welche der folgenden Maßnahmen würden Sie im Falle einer zweiten Coronawelle unterstützen? Mehrere Antworten sind möglich.

Einschränkungen der Bewegungsfreiheit
Soziales Abstandhalten
Maskenpflicht
Schließung der Grenzen
Schließung von Bildungseinrichtungen und Umstellung auf digitalen Unterricht
Beschränkung von Veranstaltungen
Zeitfenster zur Erledigung der Einkäufe von Personen über 65
Ausfuhrverbot von Hilfsmitteln, die zur Krankheitsbekämpfung nötig sind
Kostenloses Parken

2. Die Coronavirus-Epidemie hat zum Zusammenbruch der Gesundheitssysteme auf der ganzen Welt geführt. In Ungarn ist es uns gelungen, die Ausbreitung der Epidemie zu verlangsamen und Zeit für die entsprechende Vorbereitung unseres Gesundheitssystems zu gewinnen. Die Gefahr einer nächsten Welle der Epidemie besteht jedoch weiterhin.

Stimmen Sie zu, dass die epidemiologische Bereitschaft so lange aufrechterhalten werden sollte, wie die Gefahr einer Wiederkehr der Epidemie besteht?

Ja Nein

3. Während der Epidemie waren die Altenheime am anfälligsten für eine Ausbreitung der Infektion. Eines von vier Opfern der Epidemie war Bewohner eines Altenheims. Hunderte wurden im Altenheim Pesti út [in Budapest] infiziert und viele ältere Menschen sind verstorben.

Sind Sie der Meinung, dass wir den epidemiologischen Schutz der Altenheime weiter verstärken sollten?

Ja Nein

4. Die Epidemie hat weltweit zu einem Mangel an medizinischer und Schutzausrüstung geführt. Ungarn beschaffte erfolgreich Ausrüstung aus dem Ausland und nahm auch die Produktion im Inland auf.

Stimmen Sie zu, dass die Regierung danach trachten sollte, die notwendige Ausrüstung in Ungarn zu produzieren und so unsere Abhängigkeit von ausländischen Lieferanten zu verringern?

Ja Nein

5. Wegen der Epidemie mussten wir über Nacht auf digitalen Unterricht umstellen. Diese Maßnahme diente dem Zweck, die Sicherheit der Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten, ohne das Schuljahr unterbrechen zu müssen. All dies erforderte eine massive Anstrengung von Lehrern, Schülern und Eltern. Wir danken allen für die erfolgreiche Umstellung.

Sind Sie damit einverstanden, dass während einer Epidemie der Internetzugang für Lehrer und Familien mit Schulkindern kostenlos sein sollte?

Ja Nein

6. Bei Ausbruch der Epidemie stellte die epidemiologische Agentur in Brüssel, das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), keine unmittelbare Gefahr fest. Selbst am Tag des ersten Todesfalls in Europa stufte die EU-Agentur das Risiko einer Virusinfektion als „moderat“ ein. Dennoch begannen die zuständigen ungarischen Behörden mit den Vorbereitungen für den Kampf gegen das Virus. Die ungarische Einsatzgruppe wurde am 31. Jänner 2020 eingerichtet, noch bevor eine Infektion in Europa überhaupt registriert wurde.

Sind Sie der Meinung, dass ein ständiger ungarischer epidemiologischer Überwachungsdienst eingerichtet werden sollte, um eine Epidemie rechtzeitig zu erkennen und rechtzeitig mit den Vorbereitungen für den Schutz zu beginnen und so unsere Abhängigkeit von externen Fachmeinungen zu verringern?

Ja Nein

7. Der Schutz der Gesundheit und Sicherheit des ungarischen Volkes ist von größter Bedeutung. Daher beschloss die Regierung, dass es kein finanzielles Hindernis für die Verteidigung gegen die Epidemie geben sollte und dass alle zur Lastenteilung beitragen sollten.

Sind Sie der Meinung, dass bei der Abwehr einer Epidemie auch Banken und multinationale Unternehmen zu den Kosten der Verteidigung beitragen sollten?

Ja Nein

8. Die Coronavirus-Epidemie hatte schwerwiegende Auswirkungen auf alle Volkswirtschaften der Welt. Zwar wird in Ungarn ein wirtschaftlicher Rückgang erwartet, doch wird sein Ausmaß geringer sein als in Westeuropa. Einige sind der Meinung, dass der Kauf ungarischer Produkte und Dienstleistungen gefördert und der ungarische Tourismus unterstützt werden sollte, um der ungarischen Wirtschaft wieder auf die Beine zu helfen.

Stimmen Sie zu, dass der Kauf einheimischer Produkte und Dienstleistungen angeregt und der einheimische Tourismus gefördert werden sollte?

Ja Nein

9. Die Pandemie gefährdet nicht nur unsere Gesundheit, sie bedroht auch unsere Arbeitsplätze. Deshalb hat die Regierung beschlossen, dass sie so viele Arbeitsplätze schaffen wird, wie das Virus vernichtet. Investitionssubventionen, Ausbildungsprogramme und Steuersenkungen dienen dem Schutz von Arbeitsplätzen.

Sind Sie der Meinung, dass die Regierung die Programme zum Schutz und zur Schaffung von Arbeitsplätzen auch nach dem Ende der Epidemie weiterführen sollte?

Ja Nein

10. George Soros hat einen neuen Plan zur Bewältigung der Wirtschaftskrise nach der Coronavirus-Epidemie vorgelegt. Darin schlägt er vor, dass die EU-Mitgliedsstaaten gigantische Kredite (ewige Anleihen) aufnehmen, für die wir über Generationen hinweg ewig Zinsen zahlen müssten. Nach Ansicht von Experten würde dies die Nationen in die Schuldknechtschaft zwingen.

Lehnen Sie den Plan von George Soros ab, der unser Heimatland für einen unvorhersehbar langen Zeitraum in Schulden stürzen würde?

Ja Nein

11. Viele Unternehmen stehen infolge der durch die Epidemie ausgelösten Wirtschaftskrise kurz vor dem Bankrott. Es besteht die Gefahr, dass internationale Finanzspekulanten diese Situation ausnützen, um strategisch wichtige ungarische Unternehmen zu erwerben.

Was meinen Sie dazu? Sollte Ungarn ungarische Unternehmen vor feindlichen ausländischen Übernahmen schützen?

Ja Nein

12. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist es illegal, Einwanderer in der Transitzone an der ungarischen Grenze warten zu lassen. In dem Urteil wurde festgestellt, dass Migranten während der Epidemie die Einreise in unser Land gestattet werden sollte. Dieses Urteil deckt sich mit George Soros' altem Migrationsplan, in dem vorgeschlagen wurde, dass einer Million Einwanderer jährlich und um jeden Preis die Einreise gestattet werden muss.

Stimmen Sie zu, dass die Regierung sich weiterhin gegen Einwanderung wehren und den strengen Schutz der ungarischen Grenzen aufrechterhalten sollte?

Ja Nein

13. Brüssel bereitet eine Offensive gegen die einwanderungsbezogenen Bestimmungen der ungarischen Verfassung vor. Sie wollen uns zwingen, die Artikel des Grundgesetzes zu ändern, die Migration verhindern.

Stimmen Sie zu, dass die ungarische Regierung auch um den Preis eines offenen Konflikts mit Brüssel auf ihren einwanderungsfeindlichen Regelungen bestehen muss?

Ja Nein

Montag, 24. Februar 2020

Militarisierung der ungarischen Gesellschaft


Übersetzung des Artikels von hungarianspectrum vom 19. Feber 2020

István Simicskó, zu Beginn seiner politischen Laufbahn Mitglied der Phantompartei KDNP, war von September 2015 bis 2018 Verteidigungsminister, heute ist er als Regierungsbeauftragter für die patriotische und militärische Erziehung der jungen Generation verantwortlich. Ihm wurde im Jahr 2015 das Verteidigungsressort übertragen, nachdem sein Vorgänger Csaba Hende nicht in der Lage war, Viktor Orbáns Forderung nach einem Grenzzaun innerhalb kurzer Zeit zu erfüllen. 2018 wurde Simicskó vom Vier-Sterne-General und Stabschef, Tibor Benkő beerbt.
Ausbildung im Károly Kratochvil Militärgymnasium
Quelle: facebook

Simicskó begann sich erst relativ spät für Politik zu interessieren. Im Jahr 1991 trat er der Christlich-Demokratischen Volkspartei (KDNP) bei, um dann Ende 1996 zu Fidesz zu wechseln. Zwei Jahre später wurde er Parlamentsabgeordneter und zum politischen Unterstaatssekretär im Ministerium für zivile Geheimdienste ernannt. Seine denkwürdigste Handlung war sein Nein zum Beitritt Ungarns zur Europäischen Union bei der parlamentarischen Abstimmung im Jahr 2002.

Nachdem Viktor Orbán die Wahl 2002 verloren hatte, schrieb eine amerikanische Politikwissenschaftlerin einen Artikel in der Zeitschrift Foreign Affairs, in dem sie darauf hinwies, dass einige der neuen NATO-Mitglieder, darunter auch Ungarn, ihre Verpflichtungen gegenüber der NATO vernachlässigten. Sie fügte jedoch hinzu, dass die neue ungarische Regierung unter der Führung von Péter Medgyessy versprach, mehr für Verteidigung auszugeben. Simicskó, der zu diesem Zeitpunkt stellvertretender Vorsitzender des parlamentarischen Verteidigungsausschusses war, warf der Politikwissenschaftlerin vor, mit Mitgliedern der sozialistischen Regierung unter einer Decke zu stecken. Es folgten Belästigungen der Politikwissenschaftlerin durch in den Vereinigten Staaten lebende Fidesz-Loyalisten.

Viktor Orbán ist im Allgemeinen recht großmütig jenen loyalen Politikern gegenüber, die aus dem einen oder anderen Grund „nicht gut funktioniert haben“. Für sie wird ein anderer Arbeitsplatz gefunden oder auch einer geschaffen. Das ist einer der Gründe für die unglaublich aufgeblähte Regierungsbürokratie. Lieblingstrostpflaster für die Gefallenen ist eine Stelle als „Regierungsbeauftragter“. So wurde Simicskó Regierungsbeauftragter für patriotische und militärische Erziehung. Darüber hinaus wurde er zum Vorsitzenden des Ungarischen Sportverbandes für Nationale Verteidigung (Magyar Honvédelmi Sportszövetség/MHSZ) mit einem Jahresbudget von 1,1 Milliarden Forint gewählt.

Im Sommer 2018 waren die ungarischen Medien voll von Geschichten über Simicskós ehrgeizige „Strategie für patriotische und militärische Erziehung“. Da er ankündigte, sich vor allem auf Schüler im Gymnasialalter zu konzentrieren, bezeichneten die Journalisten der Wochenzeitung „168óra“ das neue Programm als eine Wiederbelebung der „Levente Mozgalom“, der „Heldenbewegung“, einer Art HJ der ungarischen Zwischenkriegszeit. Das erklärte Ziel der Levente-Mozgalom war die körperliche Ertüchtigung. In Wirklichkeit wurden die Levente-Truppen jedoch geschaffen, um das im Friedensvertrag von Trianon, der für Ungarn den Ersten Weltkrieg beendete, verhängte Verbot der
Horthy auf Inspektion bei der Levente Mozgalom
Wehrpflicht zu umgehen. Obwohl der ungarische Sportverband von Simicskó viele Gemeinsamkeiten mit der Levente-Mozgalom hat, sind seine Ziele auf die heutige Zeit zugeschnitten. Es geht darum, das Interesse am Militärdienst zu wecken, da es in Ungarn ja keine Wehrpflicht mehr gibt. Simicskós Steckenpferd, die ungarische Variante der US-Nationalgarde, ist dabei eines der Ziele. Zusätzlich zu diesen pragmatischen Überlegungen hat das Programm einige „erhabenere“ Ziele, wie das „Engagement für die Verteidigung des Heimatlandes, Opfer für die Gemeinschaft und die Förderung des Freiwilligendienstes“.

Simicskó nimmt seine neue Aufgabe sehr ernst. Sein oberstes Ziel ist, das Nationalbewusstsein in künftigen Generationen fest zu verankern: „In dieser globalisierten liberalen Welt gibt es ernste Kräfte, die gegen nationale Gemeinschaften und Familien arbeiten.“
Darüber hinaus sei für ihn „als praktizierender Christ“ der religiöse Glaube eine Grundvoraussetzung des Nationalbewusstseins. Heute, da so viel über den allzu nationalistischen staatlichen Lehrplan zu hören ist, mögen wir vielleicht denken, dass die Manipulation der Geschichts- und Literaturbücher übereilt und in letzter Minute geschah. Aber schon vor zwei Jahren meinte Simicskó in einem Interview mit Magyar Idők, dass seine Aufgabe darin bestehe, dafür zu sorgen, dass die Lehrmaterialien mehr patriotische Inhalte enthalten. Er meinte, dass „der Geschichtsunterricht ein hervorragendes Mittel ist, um Material aufzunehmen, das [die Schüler] bereits unbewusst in ihren Herzen tragen“.

Seit seiner Ernennung sind zwei Jahre vergangen, doch trotz seines Eifers kann Simicskó nicht viele Erfolge vorweisen. Noch keines der militärischen Sportzentren mit Schießanlage wurde gebaut. Vielleicht wird im April oder Mai die Genehmigung für den Bau der ersten fünf Zentren erteilt: in Baja, Balassagyarmat, Újfehértó, Szarvas und Szigetvár. Noch 2017 plante die Regierung Orbán den Bau von 107 solcher Zentren, von denen 16 schon 2018 eröffnet werden sollten. Möglicherweise bleibe viele Pläne für militärische Sportzentren endgültig in der Schublade.
Ein anderes Projekt, das seit Jahren auf der Tagesordnung der Regierung steht, ist die Wiedererrichtung von altmodischen Militärschulen für Schüler von 14 bis 18 Jahren. Bislang wurde nur eine solche Militärschule eröffnet. Sie befindet sich in Debrecen und ist nach Károly Kratochvil benannt, dem Kommandeur der 1918 in Cluj/Kolozsvár/Klausenburg eingerichteten Szekler-Division, deren Auftrag es war, die rumänischen Truppen zurückzuhalten.

Die Regierungspropaganda spricht vom großen Erfolg der Schule und das Verteidigungsministerium plant die Eröffnung von zwei weiteren Militärakademien, einer in Hódmezővásárhely und einer in Székesfehévár. Die Militärakademie in Debrecen war letztes Jahr Schauplatz von sexuellem Missbrauch, das sei nur nebenbei gesagt.
Die ungarische Armee organisiert auch militärische Sommerlager für Kinder im Alter von 12 bis 18 Jahren. Aus den ungarischen Medien erfährt man relativ wenig über sie, aber es gibt eine ausführliche englischsprachige Beschreibung der Lager in The Guardian, die von einem wohlwollenden Beobachter verfasst wurde.

Die Militarisierung der ungarischen Gesellschaft schreitet voran. Bisher sind die Bemühungen erst in Trippelschritten vorangekommen, aber vielleicht wird schon bald mit mutig festem Schritt marschiert. Schließlich muss sich Ungarn gegen eine Vielzahl von Feinden verteidigen. Wer genau sie sind, ist unklar und kann morgen schon ganz anders sein, vielleicht sind es die „Kommunisten mit Universitätsabschluss“ (die Liberalen laut Orbán), vielleicht Migrantenhorden, vielleicht widerspenstige Nachbarn.

Deutsche Übersetzung: Pusztastranger